Dreiländergiro in Nauders, 25.06.2017

RADTOUR: Regen, Blitz und Donner !!!

Unsere radverrückten Seltenläufer Christian Alt und Peter Persch reisten zusammen mit Freunden bereits Ende Juni nach Österreich zu einer der größten Breitensportveranstaltungen Europas: Über 3000 gemeldete Starter aus 30 Nationen.

Unsere Jungs nutzen das Rennen zur Vorbereitung für den Ötztaler Radmarathon Ende August und melden natürlich für die Langdistanz : 168 Km und 3.300 Hm mit dem Highlight „Stilfser Joch“ – 48 gemeine Kehren, 25 km bergauf. Am Stück !

Christian hatte bereits Alpenerfahrung – Peter ließ sich als Neuling überraschen.

Und wie !

Christian hat es nach mehrwöchiger Regenerationspause zu einem detaillierten Bericht geschafft. Petri Heil:


„Samstag zur Anreise perfektes Wetter bei 32 Grad Sonnenschein. So sollte es aber nicht bleiben. Die Wettervorhersage sagt böses voraus. Pünktlich zum Start, Sonntagmorgen um 06:30 Uhr soll es anfangen zu regnen und die Temperatur um 10 Grad fallen. Erste Zweifel machen sich breit. wie wird es wohl in 2750m Höhe auf dem Stilfsler Joch aussehen? Hagel, Schnee? Welche Kleidung? Überhaupt an den Start gehen?

Nach einer kurzen Nacht, klingelt dann um 5 Uhr der Wecker. Kurzer Blick aus dem Fenster, Weltuntergang! Starkregen, 15Grad und Gewitter. Was nun? Beim frühstück dann die ‚Lagebesprechung. Trotz geteilter Meinungen entscheiden wir uns zu starten, nach dem Motto „Augen zu und durch“!

Von 3000 gemeldeten Startern befinden sich schätzungsweise max. 1000 Radfahrer an der Startlinie. Meine Motivation ist gerade auf dem Tiefpunkt als plötzlich Stefan Kirchmair, der 2-fache Ötztal Gewinner ans Mikrofon tritt und den Fahrern mit den Worten: „Wir haben eine Aufgabe, und die werden wir auch erfüllen“ viel Glück und Motivation mit auf den Weg gibt!

Startschuss! Die ersten 3 Km geht es von Nauders in Richtung Rechensee bergauf.

Ich versuche Plätze gut zu machen. Knapp hinter dem Führungsfahrzeug ist die Sturzgefahr am geringsten. Nach 2min hängt die Pulsuhr bei 175 S/min 🙂 Bei solchem Wetter fahre ich lieber ohne Brille. Es dauert immer eine Zeit bis sich die Augen ans Spritzwasser von den Vordermännern gewöhnt haben, später geht es dann immer besser und die Sicht ist deutlich klarer wie mit Brille.

Es schüttet wie aus Eimern.

grau. naß. kalt – ALT !

Endlich in der Spitzengruppe angekommen schlägt plötzlich ein Blitz genau vor unseren Augen in den Berg. Ein Raunen geht durchs Fahrerfeld. Wahnsinn! Mit steigendem Puls verfalle ich aber immer mehr in den Rennmodus….und es fängt an Spaß zu machen!

Mit 60Km/h geht es in die Abfahrt und auf direktem Weg Richtung Stilfser Joch. Noch nie bin ich 25Km am Stück bergauf gefahren. Komplett durchnässt am Fuß des Berges angekommen, klemme ich mich an die erste Frau. Ein gutes Hinterrad denke ich mir :)…leider wurde mir nach 2 km bewusst dass ich dieses Tempo nicht lange halten kann und fahre meinen eigenen Rhythmus. Immer die Pulsuhr im Auge geht es die 48 Kehren Richtung Passhöhe hinauf. Von allen Seiten fließen Sturzbäche den Berg herab, es regnet und gewittert ununterbrochen. Ab und zu frage ich mich was ich hier überhaupt mache:) Nach Erreichen der Baumgrenze kommt neben dem Starkregen noch kalter Wind auf. Trotz allem sind die Beine ganz gut. Das einzige was mir Sorgen macht sind die Hände, in denen ich mittlerweile kein Gefühl mehr habe. Endlich oben angekommen zeigt der Tacho 2 Grad an. Nun geht es die kurvenreiche Abfahrt, den Umbrailpass hinunter. Noch nie kam ich so schlecht einen Berg herunter. Krämpfe in den Händen und Schüttelfrost machen jede Kehre zu einem Hindernis. Während andere Fahrer am Straßenrand stehen und versuchen sich auf zu wärmen, rolle ich in gefühltem Schritttempo Richtung St. Maria. Endlich unten angekommen spüre ich deutlich die wärmere Temperatur. An einer Verpflegungsstelle halte ich dann an um meine Flaschen aufzufüllen. Den Schüttelfrost kann ich noch nicht wirklich kontrollieren so dass mir eine nette Dame mit Grinsen im Gesicht die Radflaschen auffüllt. Ich musste natürlich auch lachen:)

Die wärmeren Temperaturen machen sich bemerkbar. Voller Motivation starte ich nun in den 13km langen Anstieg zum Ofenpass. Dickes Kettenblatt und die Aufholjagd kann beginnen. Es dauert nicht lange bis die Kälte vergessen ist und der Motor wieder auf Hochtouren läuft. Die Beine funktionieren super und ich kann einen nach dem anderen Fahrer einsammeln. Ein geiles Gefühl nach so einer zähen ersten Rennhälfte! Gegen Ende des Anstiegs sehe ich vor mir eine Gruppe von 4 Fahrern die zügig unterwegs sind. Da die nächsten 60Km des Rennens eher flach und leicht bergab gehen entschließe ich mich mit den Jungs zusammen zu fahren. Auf dem Gipfel angekommen, schnell die lästige Regenjacke aus und ab geht’s!

Schnell ist jedem in der Gruppe klar was zu tun ist. Mit schnellen Führungswechsel fliegen wir mit einem 40er Schnitt durchs Flachland, dem letzten Anstieg, der Norbertshöhe entgegen. Dort sind noch einmal 450Hm zu überwinden, bevor es noch 1KM bergab ins Ziel geht. Am Fuß des Anstieges setzt sich ein Fahrer unserer Gruppe ab. Wir haben keine Chance zu folgen, die „Keulerei“ im Flachen hat doch einige Körner gekostet. Schnell einigen wir uns gemeinsam ins Ziel zu rollen, bei diesem doch eher außergewöhnlichen Rennen:) Mit schweren Beinen schaffen wir dann auch noch den letzten Hügel und rollen gemeinsam ins Ziel.

Wahnsinn, so ein Rennen habe ich noch nie gefahren. Voller Emotionen erreicht auch Peter etwas später das Ziel. Wir empfangen ihn mit einem kühlen Weizen. Auch Peter ist total geflasht von diesem Rennen, aber trotzdem überglücklich im Ziel.

Für uns beide und unsere Kumpels die mit am Start waren ein ganz besonderes Erlebnis. Nach einigen gletscherkalten Weizen wurden endlich die Ergebnisse ausgehängt. Wir staunten nicht schlecht. Von 3000 gemeldeten Startern sind nur 800 gestartet, davon 550 überhaupt ins Ziel gekommen. Dass ich mit knapp unter 6h30min dennoch den 25.Gesamtplatz  (11.AK) erreicht habe hat mich dann doch vom Hocker gehauen. Peter war etwas langsamer unterwegs und erreichte souverän die Top100 seiner AK auch noch ein gutes Ergebnis. Ich denke jeder Starter kann stolz sein, bei diesen Bedingungen überhaupt gefinisht zu haben.

Da wir montags erst wieder die Heimreise antraten, durfte das idyllische Örtchen Nauders die Freunde der LLG Wustweiler auch in der 3. Halbzeit high Live erleben 🙂


Glückwunsch an unsere beiden Kämpfer im Regen. Starke Nummer !